Aloha Hawai’i 2/2: Big Island und Maui

Big Island ist die grösste und gleichzeitig auch die jüngste der insgesamt acht Hawaii-Inseln. Grob gesagt kann man Hawai’i (so lautet der eigentliche Name von Big Island) in verschiedene Regionen unterteilen: Die Westküste besteht vor allem aus Luxusresorts und Golfplätzen, komplett ausgestattet mit Shoppingzentren für die Oberschicht. Die Hippies (bzw. Wannabe-Hippies gemäss Steve, zu ihm später mehr) leben an der Ostküste rund um die Stadt Hilo, wo sie fleissig Marihuana anbauen und rauchen. Auch die Arbeitsklasse und die ärmeren Leute wohnen dort, was man an den riesigen Pick-ups und dem Körperumfang der Menschen erkennen kann (ja, tatsächlich: je ärmer, je dicker, leider). Im Inselinneren gibt es (erwartet man gar nicht, aber tatsächlich!) riiiiesige Kuhweiden, die zum grössten Teil der Parker Ranch gehören, welche die fünftgrösste Ranch der USA ist. Die Südküste ist nicht wirklich bewohnbar, da sie vor allem aus Lava besteht, das zum Teil sogar noch in Bewegung ist. In der Mitte hat es zudem noch viele mehr oder weniger aktive Vulkane, die so hoch sind, dass auf ihren Gipfeln zum Teil sogar Schnee liegt. Big Island bietet also ganz schön viel Abwechslung!

Wegen der Grösse der Insel entschieden wir uns, für je fünf Nächte an zwei verschiedenen Orten im Westen und Osten zu wohnen. Zuerst beim spirituell angehauchten Dustin, der ein riesiges Haus in Waimea gemietet hat und dies, so vermuten wir, wahrscheinlich hauptsächlich durch Airbnb finanziert. Gearbeitet hat er während der ganzen Zeit, die wir dort verbracht haben, nämlich nicht grossartig. Jeden Morgen rauchte er zu allererst seine Bong und praktizierte seine Yogaübungen. Danach verkroch er sich irgendwo und immer, wenn seine Türe aufging, verbreitete sich Räucherstäbchenduft im ganzen Zimmer.

Anschliessend verbrachten wir fünf Nächte bei Steve in der Nähe vom Weiler Kurtistown mitten in der Pampa, wo sich Hähne und Wildschweine gute Nacht sagen. Steve ist ein herzensguter Mensch und sein Haus ist wunderschön, er hat alles eigenhändig gebaut und einen riesigen tropischen Garten angelegt, welcher von Hühnern und eben vorhin genanntem Wildschwein “Piggy” bewohnt wird. Mit Steve begegnete uns endlich einmal ein Trump-Wähler! Nicht nur verwechselte er ständig die Schweiz mit Schweden, sondern er hatte auch echte Waffen, und zwar ganze acht Stück. “Warum brauchst du denn hier mitten im Paradies eine Pistole, Steve?” – “Ja, weil mein Nachbar auch Waffen hat, und der ist ziemlich crazy!” Ach soo. “Steve, dein Pick-up klingt ja wie ein Traktor!” – “Ja logisch, ist eben ein Diesel. Fahrt ihr in Schweden eigentlich auch amerikanische Autos?” – “Nein, bei uns ist der Sprit viel zu teuer dafür!” Diese und andere lustige und ernstere Diskussionen über alle möglichen Verschwörungstheorien führten wir mit ihm bis in alle Nacht, was für uns extrem spannend und lehrreich war. Es zeigte sich, wie sich Trumps Angstmacherei auf manche Leute auswirkt: Steves Thema Nr. 1 waren nämlich die Muslime, welche Europa ins Verderben stürzen (glaubt er). Erinnert ihr euch an #lastnightinsweden? Steve glaubte, das sei die Wahrheit! Was bei uns wirklich hängen blieb ist die Frage: Welchen Medien kann man überhaupt trauen? Wer sagt die Wahrheit?

Aber zurück zu unserer Ankunft in Kona: Alles fing schon mal sehr gut an, denn wir erhielten ein gratis Upgrade auf unseren Mietwagen. Es lohnt sich, einfach immer die günstigste Variante zu buchen, dann bekommt man, was gerade noch vorrätig ist. In unserem Fall war jener Wagen in einem so schlechten Zustand, dass wir ohne Aufpreis einen grösseren und neueren erhielten.

Unser erster Ausflug führte ins Waipi’o Valley, wo wir zusammen mit schätzungsweise 10 000 Moskitos zu einem Wasserfall wandern wollten, um dort zu baden. Die Anwohner scheinen nicht gerade glücklich über die Touristen zu sein, weswegen sie den Wanderweg recht gut versteckt haben, was bei uns umsonst war, da wir ihn dennoch fanden. Am Schluss mussten wir trotzdem kapitulieren, weil überall nur noch Schilder mit der Aufschrift “Private property – keep out!” zu sehen waren. Die Wanderung hatte sich aber trotzdem gelohnt, die Bucht mit dem schwarzen Sandstrand und glasklaren Wasser war fast frei anderen Touris und dem Weg entlang sahen wir Avocado-, Papaya- und Orangenbäume und wilde Orchideen.

Blick ins Waipi’o Valley

Ein Highlight war das Schnorcheln neben dem Captain Cook Denkmal in der Ka’awaloa Cove: Brille und Flossen anziehen, Kopf unter’s Wasser und schon befindest du dich in einer ganz anderen Welt. Hunderte bunte Fische und Korallengärten waren im tiefblauen Meer zu sehen, einfach wunderschön! Vom Land aus entdeckten wir sogar noch ein paar Delfine, die im Wasser herumsprangen! Zu der Cove kann man entweder per Boottour gelangen (was wir natürlich nicht machten, da zu teuer) oder zu Fuss auf einem knapp 2 km langen Weg, auf welchem gut 400 Höhenmeter zurückgelegt werden müssen. Besonders der Rückweg war mangels Schatten sehr anstrengend, wir schwitzten mindestens so stark wie in der Sauna!

Unter Wasser

Ein Höhepunkt folgte dem nächsten: Am Tag nach dem Schnorcheltrip schauten wir uns die Kiholo Bay an, welche für ihren schwarzen Strand und die Schildkröten, die sich dort ausruhen, bekannt ist. Wir mussten nicht lange spazieren und schon entdeckten wir die ersten Green Sea Turtles, die in der Sonne chillten. Obwohl man zu den Tieren einige Meter Abstand halten sollte um sie nicht zu stören, war es erstaunlich, wie viele Touristen sich direkt neben sie legten und Selfies machten. Da fasst man sich schon manchmal an den Kopf… Nebst den Schildkröten war auch die Landschaft eindrücklich: schwarzer Stein und Sand, grüne Palmen und leuchtend hellblau-türkises Wasser, irgendwie fast ein unwirklicher Anblick!

Kiholo Bay

Am Abend fuhren wir zum Visitor Center auf dem Vulkan Mauna Kea, welcher mit 4200 m.ü.M. der höchste Berg Hawaiis ist. Die Luft dort oben ist besonders klar, darum kann man sehr viele Sterne und sogar die Milchstrasse sehen. Auf dem Gipfel befinden sich 13 Teleskope von verschiedensten Ländern, z.B. Taiwan, Japan und Kanada. Es finden jeden Abend gratis “Stargazing Programs” statt, wo fachkundige Leute mit einem Laserpointer verschiedene Sternbilder zeigen. Bevor wir den Sternenhimmel betrachteten, konnten wir noch einen “privaten” Sonnenuntergang hoch über den Wolken geniessen, da wir wieder einmal ein wenig weiter gewandert waren als alle anderen Leute. Wir blieben schlotternd sitzen, bis sich die ersten Sterne am Himmel zeigten, was ein sehr tolles Erlebnis war. So ganz alleine, hoch über den Wolken und unter dem glitzernden Himmel kommt man sich auf einmal winzig klein vor im riesigen Universum.

Fast ganz oben auf dem Mauna Kea

Das Gute an den USA ist ja, dass man praktisch überall mit dem Auto hinkommt. So konnten wir uns bequem auch noch den Mauna Loa anschauen. Der “Schwestervulkan” des Mauna Kea ist zwar ein bisschen weniger hoch als jener, aber volumenmässig der grösste Vulkan der Erde und, wie stolz betont wird, vom Meeresgrund aus gemessen sogar höher als der Mount Everest und somit der höchste Berg der Welt. 1984 ist der Mauna Loa das letzte Mal ausgebrochen, darum führt die Strasse auf den Gipfel durch eine fast komplett schwarze Lavalandschaft. Von der Passstrasse hat man einen tollen Ausblick auf den Mauna Kea.

Mauna Loa Gipfelstrasse
Vulkangestein von Nahem
Nachbarvulkan Mauna Kea von Weitem

A propos Lava: Diese sollten wir noch zu sehen bekommen in den folgenden Tagen! In Kaimu an der Südküste konnte man Bikes mieten, um auf einer erst 2014 angelegten Notstrasse zur “Lava Viewing Area” zu fahren (die ursprüngliche Strasse existiert wegen der neusten Ausbrüche nicht mehr). Dort konnten wir zuschauen, wie sich ein Wasserfall aus orange leuchtender Lava über die Klippen ins Meer ergoss und dabei eine riesige Dampf- und Gaswolke produzierte. So etwas einmal live mitzuerleben, war wirklich der Hammer und ziemlich atemberaubend! Die Kulisse war sogar so toll, dass unser “Sitznachbar” seiner Freundin direkt einen Heiratsantrag machte. Etwas weiter landeinwärts versuchten wir unauffällig den organisierten Gruppen mit ihren Guides zu folgen. Als wir endlich die richtige Stelle gefunden hatten, sahen wir fliessende Lava, die den Untergrund ständig neu formte, was extrem faszinierend war. Es gefiel uns so gut, dass wir den gleichen Ausflug zwei Tage später nochmals machten, um das Ganze noch im Dunkeln zu sehen. Am Boden leuchtende Lava und am Himmel Millionen Sterne, das werden wir nie mehr vergessen!

Auf dem Weg zur Lava Viewing Area
Wie immer in den USA: alles ist unglaublich gefährlich, das hier aber besonders lebensbedrohlich
Bei der Lava Viewing Area (nein, unsere Schuhsohlen sind nicht geschmolzen)

Auch dem Volcanoes Nationalpark statteten wir noch einen Besuch ab. Dort sahen wir unter anderem einen glühenden Kratersee, eine Lavatube (das ist quasi ein Tunnel, durch welchen einmal Lava geflossen ist) und wunderschöne Landschaften, durch welche wir ein bisschen spazierten. Ausserdem besuchten wir noch eine heilige Stätte der Hawaiianer, die schon seit langer Zeit verschiedene Zeichen, sogenannte “Petroglyphs”, in das Lavagestein ritzen.

Strasse im Volcanoes NP
Hier wächst schon wieder…
… hohes Gras
Halema’uma’u Krater
Pu’u Loa Petroglyphs
Sulphur Banks: von Mineralien gefärbtes Gestein am Kraterrand
Lavatube

Nach zehn Tagen auf Big Island flogen wir nach Maui. Diese Insel war vor allem eines: noch teurer als alle anderen! Wir übernachteten für fast 200 CHF pro Nacht in einem Airbnb-Zimmer mit geteiltem Bad und der Highway direkt hinter dem Haus hielt uns jede Nacht wach. Die Gastgeberin Caitlin war zum Glück aber sehr freundlich und auch Babak, unser iranischer Mitbewohner, war sympathisch. Wir verbrachten viel Zeit diskutierend im Haus gingen abends sogar zusammen essen. Maui riss uns ehrlich gesagt nicht vom Hocker. Die Insel ist extrem touristisch und an einem Grossteil der Küsten gibt es nicht viel mehr zu sehen als Hotelbunker.

Was uns gut gefiel, war das Schnorcheln an einem der Hotelstrände beim sogenannten “Black Rock”. Wir sahen nämlich nebst vielen kleinen bunten Fischein eine Schildkröte, eine Moräne und einen langen gelben Trompetenfisch. Das Spezielle war aber vor allem, dass wir während der ganzen Zeit unter Wasser die Wale singen hören konnten, es war ein richtiges Konzert dort unten!

Empfehlenswert (obwohl total von Touristen überlaufen) ist der Ausflug zum Dörfchen Hana, dies vor allem wegen der schmalen, kurvigen Strasse, die immer dem Meer entlang und durch den Dschungel dorthin führt. Zudem gibt es zwei sehenswerte Wanderungen dort, der Pi’ilani Trail, welcher der Küste entlang führt und der Pipiwai Trail, auf welchem man zu einem Bambuswald spazieren kann. Auf dem “alternativen” Rückweg, welcher uns von Caitlin empfohlen worden war, sah die Landschaft fast ein bisschen aus wie in Neuseeland: grüne Hügel, Kühe und Meer.

Pi’ilani Trail
Pipiwai Trail
Unser kleiner Economy-Flitzer
Fast wie in Neuseeland

Eigentlich hätten wir noch ein Rennvelo mieten wollen, um zum Gipfel des Vulkans Haleakala zu fahren, aber es war schlichtweg unmöglich, eine ganze Mietausrüstung inkl. Velohosen und Schuhen zu finden. In jenem Moment vermissten wir unsere Velos wieder einmal so richtig! So ging es dann halt per Auto nach oben, was aber auch nicht die dümmste Idee war, da das Wetter ziemlich schlecht war. Auf dem Gipfel schneite es sogar fast und wir sahen keinen Meter weit. Beklagen wollen wir uns aber nicht, denn es war das erste Mal seit Langem, dass uns das Wetter einen Strich durch die Rechnung machte!

Hudelwetter

Also wie gesagt könnte man Maui getrost vom Reiseplan streichen, wären da nicht die Wale! Wir sahen sie überall: man musste nur ein wenig aufs Meer hinausschauen und schon waren die ersten Fontänen zu sehen, welche die riesigen Tiere beim Atmen verursachen. Von Weitem konnten wir auch zuschauen, wie sie auftauchen, mit den Schwanzflossen schlugen oder aus dem Wasser sprangen. Wir entschieden uns, eine Whale Watching Tour zu buchen, um uns das alles noch von Nahem anzusehen. Dabei erfuhren wir auch allerhand Interessantes über die gigantischen Lebewesen. Sie reisen jedes Jahr 4500 km von Alaska nach Hawaii, um dort ihre Jungen zu bekommen und gross zu ziehen. Während ihren “Winterferien” auf den Inseln nehmen sie keine Nahrung zu sich und verlieren 1/3 ihres Körpergewichts. Danach schwimmen sie die ganze Strecke wieder zurück, wo sie den Sommer verbringen und fleissig Krill und andere kleine Meereslebewesen fressen. Der Boottrip war ein geniales Erlebnis! Auf einmal sichtete der Kapitän nämlich ein Weibchen, welches von zwei Männchen eskortiert wurde. Wie das im Leben so ist, wollten die Männer die Frau natürlich beeindrucken, sodass einer auf einmal direkt neben unserem Gummiboot aus dem Wasser sprang. Wir waren so überrascht, dass leider nicht der ganze Wal auf dem Foto zu sehen ist. Das Ganze war extrem beeindruckend, stell dir mal vor, wie hoch das Wasser spritzt, wenn sich neben dir ein 30-Tonnen-Koloss ins Meer fallen lässt! Wir konnten gar nicht richtig fassen, was wir da gerade erlebt hatten.

Auf der Whalewatching Tour
Springender Buckelwal
Auch eine Schule Bottlenose Delfine sahen wir (Grosse Tümmler)

So hatte sich der Ausflug nach Maui also doch noch gelohnt. Nach sechs Tagen flogen wir zurück nach Oahu, wo wir uns nochmals mit Kenny, einem lieb gewonnenen Airbnb-Gastgeber, trafen. Mein Vorhaben, wenigstens in Waikiki einmal surfen zu gehen, verwirklichten wir nicht, das es wie aus Kübeln schüttete und wir überhaupt keine Lust verspürten, ins Wasser zu gehen. Dies werden wir in Neuseeland aber ganz sicher nachholen.

A hui hou!

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