Grosse Fische, tiefe Schluchten, spektakuläre Landschaften und massive Maschinen

Nachdem wir mehrere Tage in Exmouth ausgeharrt hatten, da alle Walhai-Touren ausgebucht gewesen waren, fand endlich der Schnorchelausflug statt, welchem wir (auch wegen des extrem hohen Preises) mit grossen Erwartungen entgegen sahen. Wir wurden nicht enttäuscht! Das Schnorcheln mit den Walhaien, den grössten Fischen der Welt, war ein ganz spezielles Erlebnis und ein Highlight unserer Reise, welches wir so schnell nicht wieder vergessen werden.
Nach dem Einchecken auf dem blitzblanken Schiff ging es los ans Riff, wo wir zuerst einmal unsere Schnorchel- und Schwimmkenntnisse beweisen mussten. Wir bekamen Schnorchel, Flossen sowie einen “Stingersuit” ausgehändigt, einen Ganzkörperanzug, welcher uns gegen die Quallen schützen sollte. Mit Hilfe eines “Spotter Planes” fand der Kapitän einfach und schnell unsere Schwimmkameraden für die nächsten Stunden: zwei männliche Walhaie, der erste fünf und der zweite vier Meter lang. Die beiden hatten richtig viel Geduld mit uns und so konnten wir insgesamt zwei Stunden neben ihnen herschwimmen, das ist die Maximalzeit, welche gesetzlich erlaubt ist. Wir wurden vor lauter den Walhaien nachschwimmen und nach unten schauen im Wasser ein bisschen seekrank, da das Meer ausserhalb des Riffs eine grosse Grundbewegung hatte. Aber es war faszinierend zuzuschauen, wie die weiss gepunkteten Fische mit offenem Maul auf der Suche nach Plankton elegant und ganz ruhig durch das Wasser glitten, total unbeeindruckt davon, dass neben ihnen zehn Schnorchler mit den Armen ruderten, grosse Augen machten und unzählige Fotos schossen.

Die Hurley-Gang
Unser treuer Begleiter: Walhai Nr. 1

Auf der Reise von Exmouth weiter südöstlich ins Minendorf Tom Price legten wir über 100 Kilometer auf Kiespisten zurück. Diese Strassen werden vor allem von den Minenbetreibern als Zufahrt zu den vielen Eisenerz-Minen in der Region Tom Price genutzt. Die Ortschaft wurde in den 1960er Jahren von der Minenbetreiber-Gesellschaft Rio Tinto gegründet und es scheint genügend Geld für den Unterhalt der öffentlichen Infrastruktur vorhanden zu sein. Das ganze Dorf macht einen sehr gepflegten Eindruck.
Rio Tinto betreibt Eisenerz-Abbau im sehr grossen Stil, mehr als 13 Prozent der weltweiten Eisenerz-Produktion stammen aus der Region um Tom Price. Es war sehr eindrücklich zu sehen, wie mit riesengrossen Maschinen Berge verschoben oder abgetragen werden und sich so das ganze Landschaftsbild verändert.

Nach dem Kurzaufenthalt in Tom Price fuhren wir frühmorgens los zum Karijini Nationalpark. Im Nachhinein betrachtet hätten wir allerdings auch später aufstehen und dafür auf den unfreiwilligen, 50km langen Umweg über Schotterstrassen verzichten können. Die Australier legen nicht überall viel Wert auf eine lückenlose Signalisation! Hier wären wir das erste Mal um ein Navi froh gewesen.

Im Nationalpark war gut zu erkennen, dass es vor einigen Wochen noch in Sintfluten geregnet hatte, denn die Natur war grün und überall blühten Blumen, was in dieser Wüstenlandschaft speziell schön war. Auch war noch sehr viel Restfeuchtigkeit in der Luft, wodurch es schwülheiss wurde und ab und zu einzelne Regenwolken vorbeizogen, die jedoch nie die gewünschte Abkühlung brachten.

Joffre-Gorge

Im Park erkundigten wir verschiedene spektakuläre Kurzwanderungen und kletterten wir in die diversen Pools und Canyons hinunter, wo wir uns im kühlen Nass ein Bad gönnten. Ein spezielles Highlight war der “Spiderwalk” durch den Weano-Gorge, wo es nur noch mit Schwimmen weiterging (danke für den Drybag, Lena!) und das anschliessende Baden im Kermit-Pool, welchen wir für uns ganz alleine geniessen konnten. Bei Sonnenuntergang kochten wir zur Feier des Tages Älplermagronen mit selbst gemachtem Apfelmus und verbrachten die Nacht im Nationalpark, um kurz nach Sonnenaufgang als erste zu den Joffre-Wasserfällen hinunterzusteigen. Dies zahlte sich mehr als aus, zum einen war es noch nicht so heiss und zum anderen war ausser uns keine Menschenseele im Wasser, was für eine sehr friedliche Stimmung sorgte und ein superschöner Start in den Tag war.

“Spider-Walk”
Kermit Pool
Morgenschwumm
Fortescue-Wasserfälle

Am Nachmittag schauten wir die Wanderungen in der Nähe des Dales Gorge an und besuchten den wunderschön grünen Fern-Pool. Obwohl wir die auf den dortigen Bäumen heimischen Pythons nicht gesehen haben, war es uns nicht mehr nach einem kurzen Schwumm, da das Wasser mehr Algen drin hatte als der Pfäffikersee in schönen Sommern.

Kochen im Bushcamp
Sonnenaufgang

Am nächsten Tag ging es weiter von Tom Price in Richtung Norden auf der Privatstrasse des Minenbetreibers Rio Tinto, welche für den Unterhalt der Bahngleise angelegt worden ist. Für die Strasse von der Mine zum Hafen in Port Hedland organisierten wir uns eine Fahrbewilligung von Rio Tinto (dazu mussten wir uns unter Aufsicht einen 20-minütigen Lehrfilm zum Thema “Fahren auf unbefestigten Strassen” anschauen) und los ging das Abenteuer. Erst wusste ich nicht, ob wir überhaupt einen Zug sehen würden, und dies, obwohl Rio Tinto das grösste private Eisenbahnnetz der Welt betreibt. Meine Angst war unbegründet, wir sahen nämlich gleich mehrere der zwei Kilometer langen mit Eisenerz beladenen Züge, die in Richtung Norden schnaubten. Nach dem Anfahren des Zuges erreichte die Zugkomposition nach einer geschätzten halben Stunde und viel schwarzen Abgasen der jeweils drei Diesellokomotiven sogar die Geschwindigkeit von 60 Kilometer pro Stunde. Die Lokführer hupten und winkten jedes Mal freundlich, wenn sie uns mit der Fotokamera bereitstehen sahen.
Auf der mehr oder weniger parallell zum Bahngleis verlaufenden Strasse war ebenfalls einiges los. Teilweise kamen bis zu 60 Meter lange Roadtrains mit vier Anhängern auf der Kiesstrasse entgegen, welche neben der Bahn die zahlreichen Minen mit neuen Fahrzeugen, Treibstoff etc. versorgen.

Eisenerz-Zug auf dem Weg in Richtung Norden
Road-Train und seine Staubwolke

Die Geleise der Eisenerzbahn gehen mitten durch den Millstream Nationalpark, wo wir ebenfalls eine Nacht verbrachten. Da der Park nur schwer erreichbar ist, befanden wir uns dort fern ab vom Touristenstrom und konnten auf dem halbleeren Campingplatz die Kängurus beobachten und eine Wanderung zum Fortescue River unternehmen. Am meisten beeindruckt hat mich, dass es mitten in der Wüste einen so schönen Fluss gibt und dort im Eukalyptuswald auch noch verschiedene Palmen wachsen.

Känguru neben dem Campingplatz im Millstream Nationalpark
Palmen und Eukalyptusbäume
Fortescue River

Fortescue River

Im zweiten Teil des durch die Bahnlinie getrennten Parks fuhren wir auf einer kleinen kurvigen Kiesstrasse hoch auf den Hügelzügen des Pilbara Gebirges mit kilometerweiter Aussicht in die Ferne und in die diversen Canyons, es war eine grandiose Fahrt! Genau so hätten wir uns die Aussicht auf dem “Top-of-the-World”-Highway in Alaska bei schönem Wetter vorgestellt.

Die Fahrt unterbrachen wir mit einem Bad im malerischen Python Pool. Wir verstanden auf Anhieb, warum dieser für die Aborigines ein heiliger Ort ist, so friedlich und mystisch war die Stimmung dort. Erholt ging es zurück zum Auto, wo wir bemerkten, dass wir nicht mehr alleine im Busch waren, sondern zwei uniformierte Beamte neben unserem Auto warteten. Es waren zwei Zöllner, welche auf der Suche nach Tierschmugglern waren. Nach einem kurzen Schwatz reisten wir weiter entlang von mehreren Grossbauernhöfen durch die grünen und hügeligen Landschaften hoch zum Highway N° 1. Nach zwei Tagen und mehr als dreihundert Kilometern auf der vom Regen ausgespülten Rumpelpiste hatten wir endlich wieder festen Untergrund unter den Rädern.

Bad im Python Pool
Bush fire
Der “Spitzmeilen” Westaustraliens

Bis nach Broome standen uns noch immer 900 Kilometer Autofahrt bevor. Die Landschaft war an Öde und Langweile nicht einfach zu überbieten: Die Büsche am Strassenrand waren einmal nur 10cm hoch, nach weiteren 100km Fahrt auf schnurgerader Strasse jedoch bereits 50cm und später wieder nur noch 20cm hoch. Abwechslungsreich, oder? Es war ein wenig wie mit dem Schiff über das Meer zu fahren. In jeder Himmelsrichtung sah man den Horizont ohne grosse Erhebungen und das gleissend helle Sonnenlicht brannte auf die Strasse hinunter. Hier und dort hatte es wieder einmal eine Kuh auf der Strasse oder ein totes Rind im Strassengraben. Anscheinend funktionieren die Kuhfänger am Kühlergrill der Roadtrains wirklich.

Road-Train und ganz am Schluss unser Camper
Wer transportiert hier wen?

Und da, ganz unerwartet kam die Abwechslung: Plötzlich waren unzählige riesige Heuschrecken auf der Strasse, welche genau vor dem Auto hochsprangen! Es fühlte sich wie Hagelschlag an. Nach wenigen hundert Metern war die Windschutzscheibe wie zugekleistert, nur wenige Gucklöcher waren noch schleimfrei. Auch darum waren wir froh bei unserem Übernachtungsort, der Pardoo Station, angekommen zu sein. Dort konnten wir das Massaker auf unserer Windschutzscheibe ein wenig abwaschen. Die Pardoo Station ist ein Bauernhof mit 2000 Quadratkilometern Fläche und rund 7000 Kühen, eigener Tankstelle, Kraftwerk, Restaurant, Shop, Schlachtlastwagen und sogar eigenen Helikoptern. Spätestens jetzt wurde mir bewusst, warum das Fleisch und die Milch in Australien so billig sind.

In Broome sahen wir das erste Mal seit drei Wochen (und wahrscheinlich auch das letzte Mal für längere Zeit) ein kleines Shoppingcenter. Wir nutzten die Vorteile der Zivilisation und liessen einige kleinere Reparaturen am Auto vornehmen sowie die angeschlagene Kühlschrankbatterie auswechseln und kauften eine Matrazenauflage. Was für eine Wohltat, im Vergleich zu vorher schlafen wir nun wie auf Wolken! Wir waren ein wenig überrascht, wie klein die einzige Stadt an der Westküste Australiens (neben Perth natürlich) wirklich ist, sie hat nämlich nur 20 Prozent so viele Einwohner wie die Stadt St. Gallen. Verglichen mit anderen Orten an der Westküste ist hier dennoch einiges los. Trotzdem beschweren sich viele einheimische Touristen von der Ostküste, die wir getroffen haben, dass Sie nie mehr hierhin kommen werden, da es hier in der Umgebung und in ganz Westaustralien allgemein gar nichts zu sehen gäbe, es sei einfach viel zu abgelegen.

Kamele am Cable Beach in Broome

Von Broome aus fuhren wir auf der wie eine Badewanne aus Sand aussehenden Strasse auf der Dampier Halbinsel zum Cape Leveque. Leider hatten wir nicht gerade das beste Wetter erwischt und es regnete immer wieder einmal für kurze Zeit. Ganz anders als wir dies bis jetzt auf unserer Reise erleben durften, muss hier für jeden Strand Eintritt bezahlt werden, da ein Grossteil der Halbinsel den Aborigines gehört. Teilweise sah es ein bisschen wie in Kolumbien aus, da die Aborigine-Communities ihren Müll anscheinend einfach auf die Strasse oder vor die Haustüre werfen. Sehr schade, den die roten Felsen an den schneeweissen Stränden mit dem türkisblauen Meer daneben wären wirklich schön.

Nachdem wir heute noch eine letztes Mal die Zivilisation genossen, mit viel Wasser warm geduscht, gross eingekauft, in einem Café gesessen und viel frisches Gemüse gegessen haben, verabschieden wir uns morgen in die Wildnis. Unser Plan lautet, die Gibb River Road zu befahren!

Schreibe einen Kommentar