Auf den Spuren von Crocodile Dundee

Nachdem nach fast zwei Wochen auch unsere letzte Büchse Curry-Linsen (Crocodile Dundee Zitat: “Man kann es essen, aber es schmeckt beschissen!”) aufgebraucht war, wurde es höchste Zeit für einen Grosseinkauf. Diesen erledigten wir im Dorf Kununurra, wo wir auch unseren Alkoholvorrat wieder aufstocken konnten. Alkoholische Getränke müssen in Australien in Bottle Shops gekauft werden. In Kununurra war dies ein spezielles Erlebnis, da ganze Grossraumtaxis voller Aborigines angefahren kamen, die sich alle ihre Tagesration Bier abholten. Im Shop selbst wird genaustens überprüft, dass jeder Aborigine nur einmal pro Tag vorbei kommt und es gibt auch eine schwarze Liste mit Personen, welche nichts mehr kaufen dürfen. Alkoholabhängige Aborigines, ein grosses Problem in Australien!

Auf dem Campingplatz in Kununurra trafen wir wieder auf bekannte Gesichter: schräg gegenüber übernachteten Katrin und Michael, die gerade von den Mitchell Falls zurückgekehrt waren. So blieben wir auch weiterhin nicht allein und führten spannende Gespräche mit dem Deutsch-Schweizer Paar, das in vier Monaten mit verschiedenen Mietfahrzeugen in Australien herumreist.

Als Nächstes folgte ein Abstecher zum Lake Argyle, der doppelt so gross wie der Bodensee und somit der grösste Stausee Westaustraliens ist. Es war ein schöner Anblick, mitten im trockenen Land auf so viel Wasser zu treffen. Der Lake Argyle dient aber nicht, wie wir angenommen hatten, zur Stromproduktion, sondern hatte ursprünglich ganz andere Zwecke: die europäischen Einwanderer wollten nämlich Reis anbauen und den See als Wasserreservoir nutzen. Dies klappte jedoch klimabedingt mitten in der Wüste nicht, was mich jetzt auch nicht wundert… Nun dient er vor allem zur Bewässerung der Felder der ganzen Region und ist Wohnort von etwa 30’000 Süsswasserkrokodilen. Am Nachmittag nahm ich ein kurzes Bad für das obligatorische Foto im Infinity Pool mit Aussicht auf den See, wobei ich leider nicht die einzige war. Der Herr und die Dame neben mir wollten unbedingt auch mit aufs Bild. Noch ein letztes Mal “lockten” wir danach die “Hubs” der Räder und erklommen den Vierradtrack zum Sunset Lookout. Danach genossen wir unsere Campsite mit Blick in die Weite und auf rote Felsen und liessen den Abend an der Bar bei Cider und Bier mit Katrin und Michael ausklingen.

Abkühlung im Infinity Pool
Sunset Lookout am Lake Argyle

Am nächsten Tag wechselten wir in den Bundesstaat Northern Territory, was eine Zeitverschiebung von genau einer Stunde und 30 Minuten bedeutete. Ab jetzt ging endlich die Sonne nicht mehr um fünf Uhr auf und um 17 Uhr wieder unter und wir mussten kein schlechtes Gewissen mehr haben, da wir nicht mehr um 19 Uhr, sondern neu erst um 20:30 Uhr ins Bett gingen :-).

Das Städtchen Katherine war unser erster Stopp im NT. Hier statteten wir der School of the Air einen Besuch ab, was nicht nur für mich als Lehrerin sehr interessant war. Die School of the Air ist die Schule mit dem grössten Einzugsgebiet der Welt! Sie wird zwar nur von 170 Schülern besucht, diese sind aber im ganzen Staat verteilt. Die Kinder wohnen meist auf Cattle Stations (riesigen Bauernhöfen), sind Kinder von Ärzten in Aborigine Communities oder von Missionaren. Ihre besten Kollegen wohnen zum Teil 1000 km entfernt und sie sehen sich nur zweimal im Jahr! Jeden Tag findet eine Lektion Unterricht statt, die über eine Art Skype abgehalten wird. Die Lehrperson sitzt in einem Studio und wird gefilmt, die Schüler befinden sich zu Hause vor dem Computerbildschirm und können per Chat am Unterricht teilnehmen. Zweimal im Jahr besuchen die Kinder den Unterricht in der Schule, was für viele eine Anreise von um die 800 km bedeutet. Dann sehen sie ihre Lehrer und Kollegen endlich mal in echt. Den Rest ihrer Zeit verbringen sie auf dem Bauernhof, nehmen während einer Stunde pro Tag am Fernunterricht teil, den Rest der Zeit betreiben sie Selbststudium und bringen sich die Unterrichtsinhalte mit Hilfe einer Aufsichtsperson selber bei. Die Lehrerinnen, welche ich natürlich mit Fragen gelöchert habe, waren sehr aufgestellt und motiviert, ihnen gefällt die Arbeit bei der School of the Air super. Dies liege auch daran, dass alle Kinder motiviert und froh über die Abwechslung seien und sehr gute Manieren hätten, sagten sie mir. Für mich war der Besuch der Schule sehr eindrücklich und etwas vom Spannendsten, was ich auf unserer Reise bis jetzt gesehen habe. Wäre die School of the Air nicht in Katherine, würde ich mir glatt überlegen, dort zu arbeiten. Auch für Luki war die Führung interessant, da er von der Satellitenübertragung und sonstiger Technik begeistert war.

Unterricht in einem Studio der School of the Air

Im Nitmiluk (Katherine Gorge) Nationalpark hatten wir eigentlich geplant, eine Kanutour durch die Schlucht zu unternehmen. Der Fluss führte aber leider noch zu viel Wasser, weil die Regenzeit noch nicht lange vorbei (und wie schon im letzten Blog erwähnt die heftigste seit 25 Jahren) war. Regenzeit bedeutet viel Wasser und viiieeele Salzwasserkrokodile! Diese schwimmen auf der Suche nach einem Territorium jedes Jahr von Neuem flussaufwärts, und weil es immer mehr Krokodile gibt, da diese unter Schutz stehen, nehmen sie auch immer mehr Platz ein. Die Touristengebiete werden zu Saisonbeginn, wenn das Wasser gesunken ist kontrolliert, die Crocs gefangen und an einen geeigneten Ort umgesiedelt, wo sie dann natürlich nur bis zur nächsten Regenzeit bleiben. “You are now in Crocodile Country” – das einzige Tier, wovor die Aussies wirklich Angst haben, scheint das Salzwasserkrokodil zu sein. Der Name ist etwas irreführend – die gefährlichen Tiere überleben nämlich problemlos im Süsswasser. Also dann doch lieber kein Kanuausflug. Wir beschränkten uns auf eine Wanderung, auf welcher wir feststellten, dass das Klima sehr tropisch war. Die Sonne brannte vom Himmel, röstete unsere Köpfe und den Rückweg traten wir mehr oder weniger taumelnd und dehydriert an – von Wandervirus war ich danach für einige Zeit geheilt! Die zahlreich verbrauchten Kalorien und Nerven führten wir mit einem mit ganzen 0.5 Health-Stars bewerteten Schoggikuchen anlässlich Lukis Geburtstags wieder zu. Diese Kalorienbombe war wahrlich kein Meisterwerk der Confiserie :-). Von leichter Übelkeit befallen begaben wir uns mit einem Zuckerschock ins Bett.

Schlange auf dem Campingplatz in Katherine
Katherine Gorge

Die nächste zu klärende Frage lautete: Kaka-du oder Kaka-don’t? Viele Locals hatten uns abgeraten, den berühmtesten der australischen Nationalparks zu besuchen. Da wir aber noch viel Zeit übrig hatten, kauften wir uns zwei der mit je 40 Dollar extrem teuren Kakadu-Parkpässe und machten uns auf den Weg. Der Grossteil der Parks war (warum wohl, dreimal könnt ihr raten) noch geschlossen, aber wir hatten Glück und der Gunlom Campground war genau am Tag vor unserer Anreise geöffnet worden. So hatten wir nochmals die Chance auf ein einmaliges Bushcamping-Erlebnis auf dem wunderschönen Platz in der Nähe des Wasserfalls, wo Teile des Films Crocodile Dundee gedreht wurden. A propos Crododile Dundee: baden durfte man zwar schon, aber nach dem Lesen des Warnschildes war mir nicht mehr danach zumute. Australische Warnschilder sind extrem selten und ich beschloss, diese sehr ernst zu nehmen. Ausserdem wurde erst letzten November ein Tourist von einem Krokodil gefressen! Wir verbrachten also den grössten Teil des Tages wartend auf kühlere Temperaturen, da es zwischen zehn Uhr morgens und vier Uhr Nachmittags einfach viel zu heiss war, um sich zu bewegen (und dies wohl bemerkt in der kühleren Jahreszeit).

Wer will schwimmen? Freiwillige? … nein?
Gunlom Falls und Pool
Über den Gunlom Falls
Upper Pools (ungefähr hier bestimmte Crocodile Dundee mithilfe des Sonnenstands die Uhrzeit)

Am nächsten Tag gönnten wir uns nach Langem wieder einmal einen Ausflug und starteten um halb sieben morgens zur Yellow Water Cruise, einer Schifffahrt mit einem Aborigine-Bootsführer durch die umliegenden Wetlands. Eine wunderschöne Stimmung war das, die Sonne über dem Billabong aufgehen zu sehen und dazu hunderte verschiedenste Vögel am Himmel und in den Bäumen zu beobachten. Die Natur war knallgrün und die Wasseroberfläche voller weisser und pinker Seerosen. Auch vier Krokodile bekamen wir endlich einmal zu Gesicht und konnten sie in Sicherheit vom Boot aus anschauen.

Yellow Water Cruise
Sonnenaufgang mit Krokodil

Noch ein Krokodil…
… und noch eins

Ein weiteres Highlight war der Ubirr, ein richtig magischer Ort und eine heilige Stätte der Aborigines, von wo wir mit 360-Grad-Rundumblick auf die Wetlands den Sonnenuntergang genossen. Die Felsmalereien der Aborigines waren hier nochmals eine Klasse besser als alle, die wir schon gesehen hatten und sehr eindrücklich!

Aboriginal Art

Sonnenuntergang auf dem Ubirr (Hier zeigte Crocodile Dundee Sue “sein Land”)

Langsam neigte sich unsere Reise dem Ende zu und das Dorf Batchelor, Ausgangspunkt zum Litchfield Nationalpark, war einer unserer letzten Stopps. Auf dem Weg dorthin sahen wir am und im South Alligator River vom Auto aus nochmals zahlreiche Krokodile und verstanden nicht, warum so viele Aussies freiwillig dort fischen gehen!

Eines der vielen Krokodile am South Alligator River

Der Litchfield Nationalpark überraschte uns positiv. Er war zwar wegen der Nähe zu Darwin sehr touristisch, aber auch sehr gut ausgebaut, gepflegt und kostete gar keinen Eintritt. Hier machten wir einige kurze Wanderungen und schauten uns nochmals viele verschiedene Schluchten und Wasserfälle. Das Beste daran war: man durfte sich endlich wieder im Wasser abkühlen, da es dort keine Crocs gibt! Wir nutzten die Chance, nochmals zwei Nächte im Bush verbringen zu können und genossen die Natur, inklusive Kängurus auf dem Campingplatz, in vollen Zügen. Vom Florence Falls Campground aus hatte man sogar direkten Zugang zum Badepool, ein kleines Paradies! Im Litchfield Nationalpark sahen wir eine Schweizer Familie wieder, die wir schon in Broome kennen gelernt hatten. Tatjana, Dani und ihre zwei kleinen blonden Töchter haben ihr Wohnmobil mit Zürcher Nummernschild nach Australien verschifft und sind nun eineinhalb Jahre in Down Under unterwegs. Bei einigen Flaschen Rotwein wurden die Abende immer länger und die Nächte kürzer, während wir mit Tatjana und Dani zusammensassen und Reiseabenteuer austauschten.

Vogelfütterung auf dem Campingplatz in Batchelor
Morgendusche unter den Florence Falls
Wangi Falls

Bald war es dann soweit und wir fuhren mit Darwin unsere letzte Destination an. Dort schrubbten wir unseren liebgewonnen Landcruiser, bis er wieder glänzte und brachten ihn ein wenig wehmütig der Mietautostation zurück, auch diesmal glücklicherweise ohne jegliche Materialschäden. Zurück in der Zivilisation dachten wir, es sei eine gute Idee, endlich wieder einmal einen Coiffeursalon zu besuchen. Dies erwies sich als falsch: noch nie im Leben hatte ich einen so fürchterlichen Haarschnitt. Ich hätte schreien können! Keine Ahnung, wo und ob überhaupt dieser Friseur sein Handwerk gelernt hat. Nun bleibt nur noch die Hoffnung, den “Besen” auf dem Kopf in Sydney wieder richten zu lassen. Die katastrophale Frisur hatte aber zum Glück keinen schlechten Einfluss auf die erholsame Nacht im weichen Hotelbett, in das wir uns nach sieben Wochen Schlafen auf der harten Pritsche erschöpft und glücklich fallen liessen. Auch das eigene, saubere Badezimmer ohne Frösche, Heuschrecken, Spinnen und anderes Getier schätzten wir wieder richtig und nahmen morgens und abends je nicht nur eine, sondern gleich zwei Duschen :-).

Diesen Blog schreibe ich im Flugzeug nach Sydney. Da wir schon mal in Australien sind, möchten wir uns nämlich noch für ein paar Tage die berühmte Stadt anschauen, die zwar mit vier Stunden Flug nicht gerade um die Ecke liegt, aber schneller für uns wohl in nächster Zeit auch nicht mehr zu erreichen sein wird.

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